An die Anglizismen-Hasser, Teil 2: Der Verein Deutscher Sprache

Bereits einmal habe ich mich an die Anglizismen-Hasser gewandt, nachzulesen hier. Alles zu wiederholen wäre an dieser Stelle deshalb wohl überflüssig, meine Argumente habe ich bereits dargebracht. Nun habe ich aber ein sehr gutes Beispiel gefunden, an dem man diesen Schwachsinn darstellen kann:

Der Verein Deutscher Sprache e.V.

Für 30 Euro im Jahr kann man diesem dubiosen Verein beitreten, der die Deutsche Sprache vor den drohenden Anglizismen bewahren will, und sogar eine Wortpatenschaft übernehmen.

Nun steht auch in der aktuellen Focus Campus ein Bericht über den Vorsitzenden des Vereins: Walter Krämer. Dieser ist Professor für Statistik und schrieb nun ein Buch namens „Wir können alles, sogar besser – wo Deutschland wirklich gut ist“, in welchem er 160 tolle Dinge in und an Deutschland aufzählt. Aber das interessiert hier gerade gar nicht (auch wenn es in dem Bericht der FC nur darum geht).

Ein anderes seiner Bücher heißt z.B. „Lexikon der populären Irrtümer“. Und wer hat nun bemerkt, dass da nur ein original deutsches Wort drin steckt? Richtig, das ‚der‘.

Ironischerweise ist der Herr Professor sogleich auch noch Pate für ein Wort. Natürlich für das Wort ‚Statistik‘. Und mal ganz ehrlich: was daran ist bitte Deutsch?

Auch Menschen wie Angela Merkel und Christian Wulff sind Paten. Ebenso für Wörterchen, die nur teilweise deutsch sind.

Dieser Verein ist also einer dieser populär nationalistischen aber auch gleichzeitig verquer inkosequenten Läden, die alles Neue verurteilen und ablehnen, obwohl es für einen Sprachwandel mehr als normal ist: die Entlehnung neuer Begriffe. Und das tat unsere Sprache bereits seit Ewigkeiten. Wer von uns kann auf anhieb noch Althochdeutsch verstehen? Und sagen wir deshalb, dass Deutsch gestorben ist?

Der VDS bietet sogar über die Stiftung Deutsche Sprache einen Dienst, der nach „plausiblen deutschen Äquivalenten für fremdsprachige Begriffe“ sucht. – Dann sucht mir doch bitte auch mal das deutsche Äquivalent für den eben zitierten Satz!

Weiterhin gibt es einen ‚Anglizismenindex‘ und ‚Erfolgsnachrichten‘.

Zugegeben, es ist nicht unbedingt förderlich, wenn Unternehmen nur noch englische Slogan verwenden, ihre Kunden aber teilweise noch die ältere Generation sind, die kein Englisch verstehen. Aber so dermaßen inquisitorisch gegen Anglizismen vorzugehen, dabei aber ältere Fremdwörter wie Romazismen so zu überhöhen, erinnert an gewisse vergangene Zeiten, die nicht lange zurückliegen. Damals war man aber nicht so wild danach, das ‚Deutsch‘ zu bewahren, ja, man wechselte sogar zu dem internationalen Schriftsatz.

Die VDS sollte über sich und ihre Absichten noch einmal nachdenken. Auch darüber, ob sie nun konsequent (auch Romazismen etc abschaffen) oder vernünftigt (erkennen, dass Sprache sich nun einmal wandelt) sein wollen.

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6 Responses to An die Anglizismen-Hasser, Teil 2: Der Verein Deutscher Sprache

  1. Daenekas sagt:

    Sehr schön! Weiter so! :-)

  2. Udo Pausing sagt:

    Wenn ich solche Artikel lese, bekomme ich die Vermutung eines absichtlichen Mißverstehens.
    Kein Mensch will Wörter wie „Fenster“ Lokomotive u.s.w. aus dem Sprachschatz streichen. Es geht um solche wie „Servicepoint“, „Backshop“, „Cut and Go“, „Coffee to go“, „Ticketcenter“ und Aussagen wie „Er hat einen guten Job gemacht“. Warum soll man Wörter benutzen, die in der eigenen Sprache längst vorhanden sind? Wenn es nicht zu ersetzende neue Wörter gibt, so können sie selbstverständlich verwendet werden. Das gilt aber für die wenigsten und über diesen Sachverhalt ärgern sich so Viele. Ich werde richtig traurig, wenn ein Ministerpräsident die Zukunft der eigene Sprache rein im nichtgeschäftlichen d.h. im privaten Lebensbereich sieht und die englische in den anderen Bereichen. Im eigenen Land wohlgemerkt. Ein befreundeter Doktorand verfaßte und veröffentlichte seine Arbeit nur in englischer Sprache. Das ist für mich der schleichende Verlust sprachlichen Selbstbewußseins. Dabei empfinde ich das Deutsche als eine schöne Sprache. Zudem hat sie den Vorteil des ursprünglichen Verstehens. Es ist für einen sprachempfindsamen Menschen ein Unterschied ob er von der „Realität“ oder der „Wirklichkeit“ spricht, in der das Wirken spürbar ist. Der Bedeutunszusammenhang der eigene Wörter ist jedem auf direkte Weise klar. So hat die Wortwahl auch etwas mit Kulturpflege zu tun, denn in jedem Wort schwingt der kulturelle Zusammenhang mit, der beim Fremdwortgebrauch erst erworben werden muß.
    Natürlich weiß ich auch das Wörter kommen und gehen. Das geschieht jedoch über lange Zeiträume. Und bis dahin muß ich mich unnötigerweise mit dem blödsinnigen Sprachgebrauch auseinandersetzen.
    Oft habe ich im Radio oder Fernsehn die Aussage gehört, ihnen falle kein Ersatzwort ein. Auch wenn das zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist, so wäre es doch eine Anstrengung wert. Ist ein neues Wort ersteinmal durch den Gebrauch mit Bedeutungen aufgeladen, so glaubt man kein anderes dafür finden zu können. Aber die gleiche Bedeutungsaufladung kann auch durch den steten Gebrauch eines eigenen Wortes geschehen.

    Zudem werden viele ältere Menschen fremd in ihrer eigenen Umgebung. Ein Verlust an Vertrautheit stellt sich somit ein. Der Zugand zu der modernen, sich wandelnden Welt wird für sie immer vertrackter und schränkt langsam ihren Handlungsraum ein. Das ist sehr schade. Ich erlebe das bei meinen Eltern.

    Um es auch ganz deutlich zu sagen: der Sachverhalt des Fremdwortgebrauchs kann und sollte völlig ohne Rückgriff auf jedwede Nationalismen behandelt werden. Es gelten für mich die obigen Aussagen, die noch vielfältig weiter ausgeführt werden könnten.

  3. beloveddaughter07 sagt:

    *lach* sehr gutes Text, der den Nagel auf den Kopf trifft! :)

  4. Petra sagt:

    Es ist kein Missverständnis. Warum sagen wir heutzutage „Büro“ und nicht „Schreibstube“? Warum wird „Etage“ ebenso akzeptiert wie „Stockwerk“ oder „Geschoss“ – noch dazu mit einem Laut (-g-), der gar nicht zur deutschen Sprache gehört (ebenso wie Garage, Blamage usw.)? Warum sagen wir lieber „Baby“ als „Säugling“ oder „Portemonnaie“ statt „Geldbeutel“ – selbst wenn das Wort viel schwieriger zu schreiben ist?

    Im Übrigen lebt jede Sprache vom Bedeutungswandel – und der schließt sowohl den Bedeutungswandel ureigener als auch neu eingeführter Wörter ein. Das Wort „Frau“ hatte im Mittelalter eine ganz andere Bedeutung als heute. Jede Frau, die heute als „Weib“ bezeichnet wird, fühlt sich zu recht beleidigt. Vor 500 Jahren wäre es anmaßend gewesen, gewöhnliche Frauen als solche zu bezeichnen. Und genauso machen natürlich auch aus anderen Sprachen eingeführte Wörter einen Bedeutungswandel durch.

    Das ist ein kreativer Prozess, der sich im gesamten Zeitalter der menschlichen Sprache noch nie hat aufhalten lassen – zum Glück! Wie arm und langweilig wäre sonst unsere Sprache!

    Und noch ein Wort zu den Frankozismen: Was glauben die Anglizismenhasser wohl, wie diese den Weg in unsere Sprache gefunden haben? Französisch war mal DIE Modesprache! Vieles ist wieder verschwunden, vieles ist geblieben, zum Teil in einer veränderten Bedeutung und mit der Zeit eingedeutscht. Und so wird es auch mit den Anglizismen sein.

  5. […] use of English in German is a natural phenomenon of language, and thus no ‘threat’ as many perceive it to be. How many of the words used today in German will remain and become part of the regular vocabulary […]

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